Semesterferien – ein Mythos

Als Student begegnen einem nicht selten Menschen, die von einem Studium gar nichts halten und auch keinen Hehl daraus machen. Ihr Lieblingsargument: Während der Vorlesungszeit schlafen sie lieber aus und nach den Prüfungen haben sie sowieso monatelang Semesterferien. Klingt nach einem guten Leben – wenn es denn wirklich so wäre. Doch gerade die Semesterferien haben zumindest seit Bachelor- und Mastersystem mit Freizeit leider wenig zu tun.

Dass die Ferien keine Ferien (mehr) sind, sieht man auch am Namen: Aus den Semesterferien ist die vorlesungsfreie Zeit geworden. Statt die Füße hoch zu legen und in den Tag hineinzuleben, ist diese Zeit für Studenten die wichtigste des Semesters. Denn wenn die Vorlesungen enden, folgt die Prüfungs- und Klausurphase – selbstverständlich in der vorlesungsfreien Zeit. Mit viel Glück ist diese Phase nach wenigen Wochen vorüber. Für andere ziehen sich die Prüfungen über mehrere Monate hinweg. Ist man dann endlich mit dem Lernen fertig, sind die „Ferien“ auch fast schon wieder vorbei.

Ebenfalls eine sehr beliebte Aufgabe für die vorlesungsfreie Zeit: Studienarbeiten schreiben. Die Bandbreite ist groß: Von der einfachen Hausarbeit über Seminararbeiten und Bachelor- oder Masterarbeit kann alles dabei sein. Morgens eine Stunde wissenschaftlich arbeiten und dann Freizeit? Klingt romantisch, ist für Durchschnittsstudenten jedoch so weit entfernt von der Realität wie die Erde von der Sonne. Wissenschaftliches Arbeiten erfordert Zeit, Nerven und Durchhaltevermögen. Nach Ferien hört sich leider nichts davon an.

Praktika zählen zu den Dingen, die man natürlich auch in der vorlesungsfreien Zeit erledigen darf. Den ganzen Tag im Labor stehen oder völlig unterbezahlte Wochen in einem Unternehmen verbringen – hach, wie schön die Ferien doch sind! Selbst wenn man mal kein Pflichtpraktikum abzuleisten hat (oder freiwillig eines absolviert, um heiß begehrte Berufserfahrungen zu sammeln), muss man sich sicher für eines bewerben oder noch den ausführlichen Praktikumsbericht schreiben. Auch dafür gehen sicher einige Tage deiner Ferien drauf.

Für alle, die nicht von der Familie unterstützt werden oder auf Erspartes zurückgreifen können, bedeutet Semesterferien vor allem eines: Arbeiten und Geld verdienen. Hier schlägt man gleich zwei Fliegen mit einer Klappe: Wenn man im richtigen Bereich etwas findet, sammelt man auch hier Berufserfahrung und sichert sich im besten Fall das Auskommen für die nächsten Monate. Gnädigerweise erlaubt der Staat Studenten, in den Semesterferien mehr zu arbeiten als während der Vorlesungszeit, ohne mehr für Kranken- und Pflegeversicherung zahlen zu müssen. Und bezahlte Steuern kannst du dir bei der nächsten Steuererklärung auch zurückholen.

Nach all den Monaten, in denen Studenten Vorlesungen besuchen, Referate vorbereiten, in der Bibliothek sitzen, Gruppenarbeiten besprechen und Prüfungen schreiben müssen, gilt es erstmal sein Leben wieder auf die Reihe zu bekommen. Viele Alltags-Aufgaben werden im Semester vernachlässigt und müssen in der vorlesungsfreien Zeit endlich mal wieder erledigt werden: Aufräumen, Putzen, Soziale Kontakte pflegen (oder wiederherstellen), den PC ausmisten und sortieren und To-Do-Listen abarbeiten. Es gibt viel zu tun!

Wenn man damit fertig ist, kann man auch gleich mit der Vorbereitung für das nächste Semester anfangen. Dazu gehört, sich Gedanken über den Stundenplan und die Einschreibung zu machen. Welche Module sollen belegt werden, wann beginnt die Einschreibung? Außerdem schadet es nicht, einen Blick in die neue Prüfungsordnung zu werfen und sich schon einmal wichtige Termine zu notieren.

Wer es in der vorlesungsfreien Zeit noch schafft, tatsächlich in den Urlaub zu fahren, kann definitiv von Glück reden. Als Student hat man jedoch deutlich weniger freie Zeit, als von anderen und vielleicht auch von einem selbst erwartet wird. In Stress sollte es aber auf jeden Fall nicht ausarten. Vielleicht also doch mal die Füße hochlegen und nichts tun – das schadet niemandem und das hat man sich nach einem stressigen Semester auch verdient.

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