So stellt sich das wohl niemand vor. Viele brechen ihr Studium ab, weil es ihnen nicht gefällt oder sie eine bessere Alternative gefunden haben – doch jedes Semester müssen Studenten ihre Hochschule verlassen, weil sie den Drittversuch in einer Prüfung nicht bestanden haben. Es ist die letzte Chance, sich zu beweisen und den Abschluss doch noch zu schaffen, doch genau diesem Druck halten viele nicht stand und werden exmatrikuliert. Doch ein nicht bestandener Drittversuch bedeutet nicht automatisch das Ende des Studiums. Wir zeigen dir, welche Möglichkeiten es gibt, das Studium fortzusetzen oder gleichwertige Alternativen zu finden.
Dein Studium setzt sich aus verschiedenen Modulen zusammen, für jedes Modul musst du eine oder mehrere Prüfungen bestehen. Fehlen dir noch Prüfungsleistungen, kannst du nicht zur Abschlussprüfung zugelassen werden. Für jede Prüfung gibt es eine in der Prüfungsordnung festgelegte Anzahl an Versuchen, in der Regel drei, an manchen Hochschulen hast du aber nur zwei Versuche oder bekommst noch eine vierte Chance. Bestehst du eine Prüfung auch beim letztmöglichen Versuch nicht, gilt automatisch auch deine Abschlussprüfung als nicht bestanden und du wirst exmatrikuliert. Es gibt Hochschulen und Studiengänge, die diese Regelung auf Pflichtmodule beschränken.
Einfach aufgeben? Auf keinen Fall!
Das Ergebnis ist da, es ist eindeutig: Du hast nicht bestanden. Aber jetzt einfach die Exmatrikulation abzuwarten, sollte keine Option sein, wenn dir das Studium Spaß macht und du gerne weitermachen möchtest. Der erste Schritt sollte sein, die Prüfungsordnung noch einmal genau zu lesen. Vielleicht findest du hier bereits ein „Schlupfloch“ wie einen möglichen Viertversuch. Des Weiteren findest du hier die Beschreibung der Prüfung, alle Fristen (auch für Widersprüche) und die Ansprechpartner an deiner Hochschule. Nur wer die Rahmenbedingungen und seine Rechte kennt, weiß auch was zu tun ist.
Im Anschluss solltest du in die Prüfungseinsicht gehen. Längst nicht jede Prüfung wird korrekt bewertet, die Einsichtnahme kann dein Studium retten. Vor der Einsicht ist es auf jeden Fall empfehlenswert, sich noch einmal mit dem Stoff auseinanderzusetzen, um wieder „voll im Thema zu sein“. Nimm dir die Zeit und sieh dir deine Prüfung samt Bewertung genau an. Sind die Punkte korrekt addiert? Gibt es mögliche Folgefehler, die einzeln bewertet wurden? Sprich mit dem Prüfer über die Bewertung, beseitige Unklarheiten und fertige wenn möglich eine Kopie der Prüfung an. Aber mache dir bewusst, dass die Prüfungseinsicht kein Basar ist, um Punkte feilschen ist fehl am Platz.
Wenn du deine Note in der Einsicht nicht verbessern konntest, kannst du einen zusätzlichen Prüfungstermin bei der Prüfungskommission beantragen. In einem Härtefallantrag musst du begründen, warum für dich eine Ausnahme gemacht und ein zusätzlicher Prüfungstermin angeboten werden sollte. Damit dein Antrag Aussicht auf Erfolg hat, sollte wirklich ein Härtefall oder eine Ausnahmesituation vorliegen und die Begründung dementsprechend formuliert sein. Möglichkeiten wären hier zum Beispiel ein Todesfall, Krankheiten oder familiäre Probleme, die deine Leistungsfähigkeit beeinträchtigt haben. Einige wenige Hochschulen bieten auch die Möglichkeit einer mündlichen Ergänzungsprüfung an Stelle eines schriftlichen Wiederholungsversuchs. Dabei geht es lediglich um Bestehen oder Nichtbestehen – also 4,0 oder 5,0. Im Vorfeld solltest du versuchen, im Gespräch mit dem Prüfer den Stoff soweit wie möglich einzugrenzen und Schwerpunkte zu setzen.
Du bist sicher, dass während des Prüfungsverfahrens oder bei der Bewertung deiner Prüfung etwas schiefgelaufen ist? Dann solltest du Widerspruch gegen die Prüfung einlegen, am besten mit juristischer Beratung um Formfehler zu vermeiden. Nach Eingang des Antrags bei der Prüfungskommission (Widerspruchsfristen beachten!) wird entschieden, ob du die Prüfung wiederholen darfst oder nicht. Über deinen Erfolg entscheidet die Begründung, du brauchst also auch hier einen nachvollziehbaren Grund für deinen Widerspruch.
War dein Widerspruch erfolglos, kannst du nun noch juristisch dagegen vorgehen. Hochschulen bieten eine Rechtsbehelfsbelehrung an, die dich über alle Fristen und Ansprechpartner aufklärt. Das Hinzuziehen eines Anwalts ist ratsam, er kann schon im Vorhinein einschätzen, ob die Anfechtung der Prüfung, der Bewertung oder des Ablehnungsbescheids der Prüfungskommission Aussicht auf Erfolg hat. Ob dir eine Klage helfen kann, hängt nämlich stark vom Einzelfall ab.
Auf zu neuen Ufern?
Wenn alles nichts hilft oder du gar keine Lust mehr auf deinen alten Studiengang hast, hast du nach wie vor die Möglichkeit, den Studiengang zu wechseln. In der Regel gilt, dass du dich für jeden Studiengang einschreiben kannst, in dem dein „Problemmodul“ nicht als Pflichtfach gilt. Da die Modulbeschreibungen je nach Studiengang, Hochschule und Bundesland variieren, kann es gut sein, dass ähnliche Module als nicht gleichwertig angesehen werden oder umgekehrt. Es lohnt sich also, jede für dich interessante Option prüfen zu lassen.
Wenn du nicht innerhalb deiner Hochschule den Studiengang wechseln kannst oder möchtest, kannst du die Hochschule wechseln. Auch hier wird geprüft, ob das Nichtbestehen des Moduls dazu geführt hat, dass dein Prüfungsanspruch erloschen oder weiterhin aktuell ist. Der Aufwand kann aber sehr hoch sein. Es ist nicht gesagt, dass die Module, die du bereits „abgearbeitet“ hast, anerkannt werden. Das ist ärgerlich, denn du musst die Prüfungen dann erneut ablegen und das kostet Zeit und Nerven. Du solltest dich im besten Fall an mehreren Hochschulen bewerben, damit du nicht noch mehr Zeit verlierst.
Kein Weltuntergang
Auch, wenn du erst einmal resignierst und denkst, dass deine Zukunftspläne gerade wie Seifenblasen zerplatzen: Ein verpatzter Drittversuch ist kein Weltuntergang. Es gibt wirklich viele Stellen, die dir Hilfestellungen anbieten (Studienberatung, Prüfungsausschuss, Rechtsberatung, AStA). Es gibt viele Dinge, die man ausprobieren kann, bevor man aufgibt. Und wer weiß – vielleicht ergibt sich ja etwas viel Besseres als du dachtest?
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