Worin liegen eigentlich die Unterschiede zwischen einem Pflichtpraktikum und einem freiwilligen Praktikum? Liegt auf der Hand? Nicht ganz. Einmal abgesehen davon, dass das eine freiwillig und das andere verpflichtend abgeleistet wird, gibt es noch einige andere Unterschiede. Allgemein gilt: Ein Praktikant sollte sich in jedem Fall über seine Rechte und Pflichten im Klaren sein. Um etwas Licht ins Dunkel zu bringen, stellen wir euch in diesem Beitrag die wichtigsten Gemeinsamkeiten, Unterschiede und was ihr sonst noch wissen solltet, bevor ihr euch für ein Praktikum bewerbt, vor.
Freiwilliges Praktikum
Wie der Name schon vermuten lässt, handelt es sich bei dieser Art des Praktikums nicht um ein von deiner Universität oder Fachhochschule vorgeschriebenes Praktikum. Als Student kannst du dein freiwilliges Praktikum während der Semesterferien, oder bei vielen Unternehmen auch in Teilzeit während des Semesters absolvieren. Eine gängige Möglichkeit ist es auch, ein Urlaubssemester zu beantragen. Besonders bei ausführlicheren Praktika, die länger als 3 Monate dauern, ist das oft ratsam.
Freiwilliges Praktikum – was sind meine Rechte und Pflichten?
Hast du dich dazu entschieden, ein freiwilliges Praktikum zu absolvieren, gibt es ein paar Dinge, die du wissen solltest. Bei einem freiwilligen Praktikum besteht ein sogenanntes privatrechtliches Rechtsverhältnis. Das bedeutet, dass das Unternehmen den Praktikanten laut Gesetz wie einen Auszubilden zu behandeln hat.
Freiwilliges Praktikum: Urlaubsanspruch, Recht auf Vergütung, Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, Recht auf Praktikumszeugnis
Wenn du ein freiwilliges Praktikum machst, hast du Urlaubsanspruch. Solange im Praktikumsvertrag nichts anderes vereinbart wurde, stehen dir pro Monat 2 bezahlte Urlaubstage zu. Super, oder? Aber nicht nur das! Im Gegensatz zum vorgeschriebenen Pflichtpraktikum hast du bei einem freiwilligen Praktikum ab einer Dauer von mindestens 3 Monaten auch ein Recht auf Vergütung. Das gilt auch im Krankheitsfall.
Achtung! Anspruch auf Mindestlohn besteht im freiwilligen Praktikum erst ab einer Gesamtdauer von mehr als 3 Monaten.
Solange dein freiwilliges Praktikum die Dauer von 3 Monaten nicht überschreitet, hast du leider keinen Anspruch auf Mindestlohn. Es ist daher empfehlenswert, dich vorher mit deinem Arbeitgeber zusammenzusetzen und gegebenenfalls über das Gehalt im Praktikum zu verhandeln. Sobald dein freiwilliges Praktikum länger als 3 Monate am Stück dauert, ist der Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, dir für die restliche Zeit Mindestlohn zu zahlen. Das heißt, wenn du beispielsweise ein sechsmonatiges freiwilliges Praktikum in einem Betrieb ableistest, stehen dir 3 Monate Mindestlohn zu. Das Unternehmen muss in jedem Fall Sozialversicherungsbeiträge zahlen, sobald du Gehalt beziehst. Je nachdem wie hoch dieses ist, fallen auch Beiträge für Krankenversicherung, Rentenversicherung und Arbeitslosenversicherung an.
Pflichtpraktikum
Die Pflicht ruft! Im Gegensatz zum freiwilligen Praktikum ist ein Pflichtpraktikum von deiner Uni oder FH vorgeschrieben. Die Dauer des Pflichtpraktikums variiert dabei sehr stark und kann je nach Studiengang zwischen 2 und 12 Monate dauern. An der Fachhochschule ist in der Regel ein Praxissemester zu einem bestimmten festgelegten Zeitpunkt im Studium vorgeschrieben.
Pflichtpraktikum – Gehalt, Urlaub und Praktikumszeugnis sind kein Muss
Rechtlich gesehen greift beim Pflichtpraktikum das sogenannte Berufsbildungsgesetz. Das bedeutet, dass alle Rechte und Pflichten des Praktikanten im Praktikumsvertrag festgelegt werden. Ansprüche hast du als Praktikant dabei erst einmal wenige.
Pflichtpraktikum: kein Urlaubsanspruch, kein Anspruch auf Vergütung, kein Recht auf Praktikumszeugnis (lediglich auf Praktikumsbescheinigung)
Die schlechte Nachricht zuerst: Mindestlohn beim Pflichtpraktikum ist leider gesetzlich nicht vorgeschrieben. Es besteht im Allgemeinen kein Anspruch auf Gehalt beim Pflichtpraktikum.
Allerdings solltest du den Kopf nicht gleich in den Sand stecken. Vor allem größere Unternehmen sind oft gewillt, den Praktikanten Gehalt zu zahlen. Wie hoch dieses ausfällt ist natürlich abhängig vom Betrieb und deiner Fachrichtung. Üblich sind etwa 400 bis 1.200€, bei Doktoranden sogar bis zu 2.000€. Wird dir bei der Zusage nicht direkt ein Praktikanten Gehalt angeboten, ist es ratsam, dich noch einmal mit deinem Vorgesetzten zusammenzusetzen und über die Vergütung zu sprechen. Unternehmer sind nun einmal Geschäftsleute und bevorzugen somit „billige Arbeitskräfte“, zeigen sich jedoch oft einsichtig bei den Vertragsverhandlungen.
Gleiches gilt für bezahlten Urlaub als Pflichtpraktikant. Beim Pflichtpraktikum hast du keinen Urlaubsanspruch, jedoch lassen auch hier viele Arbeitgeber mit sich reden. Ein Gespräch ist also in jeglicher Hinsicht sinnvoll und zu empfehlen.
Lass dir die Chance auf ein Praktikumszeugnis keinesfalls entgehen!
Die Frage nach einem Praktikumszeugnis stößt sicher auf den wenigsten Widerstand bei der Praktikumsvertragsverhandlung. Rein rechtlich steht dir lediglich eine Praktikumsbescheinigung zu, allerdings solltest du unbedingt nach einem Praktikumszeugnis fragen, da dieses für zukünftige Bewerbungen (sofern du dich einigermaßen gut anstellst) wirklich sehr nützlich sein kann. Es zeigt deinem zukünftigen Arbeitgeber, in welche Bereiche du bereits reingeschnuppert hast, was du besonders gut gemacht hast und wie dein allgemeines Auftreten während des Praktikums empfunden wurde. Selbst wenn am Ende deines Studiums also nicht die allerbeste Note in deinem Abschlusszeugnis steht, kann ein gutes Praktikumszeugnis viele Personaler dennoch von deiner Eignung für die Stelle überzeugen. Da es sich bei der Ausstellung eines Praktikumszeugnisses um keine Arbeit handelt, die mehrere Wochen in Anspruch nimmt, sollte dein Arbeitgeber in der Regel nichts dagegen haben, dir eines auszustellen.
Pflichtpraktikum mit inhaltlichem Bezug
Inhaltlich sollte bei deinem Pflichtpraktikum ein klarer Bezug zu deinem Studium bestehen. Ist dies nicht der Fall, hast du womöglich schlechte Chancen bei der Anerkennung. Ein Praktikum in einer Werbeagentur bringt einen angehenden Maschinenbauingenieur in den meisten Fällen schließlich nicht wirklich weiter. Letztendlich entscheidet allerdings immer noch die Uni bzw. FH, inwieweit ein inhaltlicher Bezug vorhanden ist. Im Zweifel solltest du etwaige Ungewissheiten besser im Voraus klären, bevor du am Ende mit „vergeudeter“ Zeit dastehst und dich nach einem weiteren Praktikum umsehen musst.
Da das Pflichtpraktikum Teil deines Studiums ist und somit zu deiner Ausbildung gehört, bleibst du auch weiterhin über deine Uni oder FH versichert. Das Unternehmen muss keine Sozialversicherungsbeiträge bezahlen. Der Arbeitgeber hat somit eindeutig mehr (finanzielle) Vorteile von einer Pflichtpraktikantentätigkeit, als der Praktikant selbst. Dennoch solltest du dein Pflichtpraktikum als Chance sehen und dich frühzeitig nach geeigneten offenen Stellen umsehen, oder auch Initiativbewerbungen versenden. Ein erfolgreiches Pflichtpraktikum kann dir später vielleicht so manche Tür öffnen.
Praktikum: Gehalt und Bafög
Wenn du Bafög bekommst, gibt es hinsichtlich des Praktikums auch etwas zu beachten. Bei einem unbezahlten Pflichtpraktikum bleibt alles wie ist. Sobald jedoch ein zusätzlicher Verdienst ins Spiel kommt – egal ob freiwilliges Praktikum oder Pflichtpraktikum – sieht die Sache aber schon wieder anders aus. In der Regel wird dein Praktikanten Gehalt 1:1 von deinem Bafög abgezogen, so dass du am Ende mit der gleichen Geldsumme dastehst. Wenn du dein Praktikum allerdings in den Semesterferien, also in einer „bafögfreien“ Zeit absolvierst, musst du dir dazu keine Gedanken machen.
Das Wichtigste auf einen Blick
Fazit
Abschließend kann man sagen, dass du dir vor deinem Praktikum – egal ob verpflichtend oder freiwillig – über deine Rechte und Pflichte im Klaren sein solltest. Beginne frühzeitig damit, dich für verschiedene Praktika zu bewerben und fokussiere dich keinesfalls auf nur eine ausgeschriebene Stelle. Je mehr Bewerbungen du schreibst, desto mehr Zusagen bekommst du im besten Fall. Dann hast du die Auswahl und musst dich nicht mit weniger zufrieden geben, als du gerne hättest. Das macht es im Falle des Pflichtpraktikums auch leichter, über Gehalt und Urlaub zu sprechen. Wenn ein Arbeitgeber sich nicht darauf einlassen möchte, tut es vielleicht ein anderer. Trotzdem solltest du im Zweifel lieber die Zähne zusammenbeißen und ein schlechter bezahltes Praktikum, in dem du tatsächlich etwas lernst, einem gut bezahlten, in dem du nur kopierst und Kaffee kochst, vorziehen. Dein Lebenslauf und dein Zukunfts-Ich werden es dir danken.
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