Studieren mit Beeinträchtigung – Was ist zu beachten?

Für Menschen mit chronischen oder psychischen Erkrankungen oder Beeinträchtigungen, die ihre Sinne oder Mobilität einschränken, kann das Studium eine große Hürde darstellen. Immer mehr Hochschulen versuchen jedoch, ihre Räumlichkeiten barrierefrei zu gestalten und den betroffenen Studieninteressierten den Alltag an der Hochschule so gut es geht zu erleichtern. Zwar geht es wie so oft in Deutschland nicht ohne Sonderanträge und Ausnahmen von den Ausnahmen, doch es gibt durchaus Möglichkeiten, die die durch die Behinderung entstandenen Nachteile auszugleichen.

Auch wenn es dir schwerfällt, dich selbst als beeinträchtigt zu betrachten, wäre es doch schade, wenn du auf deine Rechte verzichtest. Gerade wenn deine Beeinträchtigung nicht für jeden sichtbar ist (z.B. bei Depressionen, Morbus Crohn), fühlt es sich für dich vielleicht nicht „richtig“ an, entsprechende Vorteile zu nutzen. Du sollst aber wissen, dass du das Recht dazu hättest und dass es diese Möglichkeiten gibt. Entscheiden, ob du sie wahrnimmst, musst natürlich trotzdem nur du selbst.

 

1. Die richtige Hochschule wählen

Du weißt schon, welches Fach du studieren möchtest? Dann ist der größte Schritt eigentlich schon geschafft. Als nächstes steht die Wahl der richtigen Hochschule an. Informiere dich frühzeitig über die Ausstattung der Hochschule, am besten setzt du dich mit der Studienberatung in Verbindung. Diese kann dir genau erklären, ob die Hochschule deinen Bedürfnissen entsprechend ausgestattet ist und was du bei deiner Bewerbung beachten musst. Sollte dir keine Hochschule zusagen, wäre ein Fernstudium eine Option. Das Angebot an Studienfächern ist inzwischen vergleichbar mit dem „normaler“ Hochschulen. Die seltenen Präsenztermine kommen dir womöglich entgegen.

 

2. Diverse Sonderanträge nutzen

Bei der Bewerbung könnte dir deine Beeinträchtigung sogar einen Wettbewerbsvorteil verschaffen, dabei wirst du aber um diverse Sonderanträge nicht herumkommen. Bei zulassungsbeschränkten Studienplätzen, die über hochschulstart.de vergeben werden, kommen die Sonderanträge E (Nachteilsausgleich NC), F (Nachteilsausgleich Wartezeit), D (Härtefallantrag zur sofortigen Zulassung) und A (Wunsch-Studienort) für dich infrage. Wenn du also aufgrund deiner Behinderung das Abitur später oder schlechter gemacht hast oder du durch die Behinderung an einen bestimmten Studienort gebunden bist, wird das hier berücksichtigt.

 

3. Finanzierung

Der BAföG-Bedarf ist für alle Studenten gleich, auch wenn du als Student mit chronischer Erkrankung oder Behinderung in der Regel einen deutlich höheren Finanzierungs- und Organisationsaufwand hast. Ein Antrag lohnt sich trotzdem, denn BAföG hilft dennoch, den Studienalltag zu finanzieren. Ein Schlupfloch ist allerdings der Einkommensanteil deiner Eltern oder deines Ehepartners bzw. deines eingetragenen Lebenspartners, der zur Berechnung einbezogen wird. Nach § 25 Abs. 6 BAföG kann ein Härtefreibetrag geltend gemacht werden, wenn im Bewilligungszeitraum außergewöhnliche Belastungen nach den §§ 33 bis 33c des Einkommensteuergesetzes oder Aufwendungen für behinderte Personen anfallen, denen der Einkommensbezieher zu Unterhalt verpflichtet ist. Außerdem:

  • kann deine Förderungshöchstdauer verlängert werden
  • der Einkommensfreibetrag für die Rückzahlung des Darlehens ist für Schwerbehinderte höher (§ 33b EStG)
  • und Studenten, die vor ihrem 30. Geburtstag kein grundständiges Studium bzw. vor seinem 35. Lebensjahr den Master aufgrund ihrer Beeinträchtigung nicht beginnen konnten, sind laut § 10 Abs. 3 Nr. 3 BAföG nicht von der Förderung ausgeschlossen.

Auch die Bewerbung für ein Stipendium ist eine gute Möglichkeit, an Unterstützung zu kommen. Zwar kannst du dich als Student mit einer Beeinträchtigung natürlich auch für alle andere Stipendien bewerben, doch ein paar Stipendien fördern ganze speziell Menschen mit Behinderung. Unter anderem die Stiftung Darmerkrankungen für Studierende, die an Colitis ulcerosa oder Morbus Crohn leiden oder die Heinz-und-Mia-Krone-Stiftung für körperbehinderte Einzelpersonen, die früher gehen konnten und inzwischen durch einen Unfall oder eine Krankheit dauerhaft auf den Rollstuhl angewiesen sind. Weitere Möglichkeiten sind die Anni und Keyvan Dahesch-Stiftung, die Georg-Leffers-Stiftung und der Hildegardis-Verein.

 

4. Unterstützung während des Studienalltags

Um im Alltag zurecht zu kommen, steht einigen behinderten Studenten im Rahmen der Eingliederungshilfe nach § 54 Abs. 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch XII ein Mehrbedarf in Form der sogenannten „Hilfe zur schulischen Ausbildung für einen angemessenen Beruf einschließlich des Besuchs einer Hochschule“ zu. Informationen bekommt man beim überörtlichen Sozialhilfeträger am Wohn- bzw. Studienort. Zu den Hilfen gehört der Assistenzbedarf, um alle notwendigen Dinge wie den Besuch der Vorlesungen, die Teilnahme an Prüfungen, die Erstellung von Hausarbeiten oder Referaten und dergleichen zu ermöglichen. Auch die Kosten für eine Assistenz während eines Praktikums oder eines notwendigen bzw. sehr förderlichen Auslandsaufenthaltes müssen übernommen werden, unterhaltspflichtige Personen werden aber an den Kosten beteiligt. Ein speziell ausgestatteter PC oder die Finanzierung der Fahrtkosten kann auch zu den Hilfen gehören.

Im Rahmen des Nachteilsausgleichs muss eine Hochschule gewährleisten, dass eine Prüfungsleistung bedarfsgerecht auch in anderer Form erbracht werden kann. Das betrifft vor allem die Umwandlung einer schriftlichen in eine mündliche Prüfung oder umgekehrt. In den meisten Prüfungsordnungen findet man auch die Möglichkeit einer Assistenz, du kannst also einen Gebärdendolmetscher oder auch eine Schreibhilfe mitbringen. Die Verlängerung der Prüfungszeit gehört ebenfalls zum Nachteilsausgleich. Um einen Nachteilsausgleich zu bekommen, musst du ein ärztliches Attest beim Prüfungsamt oder beim Prüfungsausschuss vorlegen und (frühzeitig) einen Antrag stellen. Bei Fragen oder Problemen hilft dir der Behindertenbeauftragte deiner Hochschule sicher gerne.

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